Kommentar des linken Aktivisten und Kommunalpolitikers aus Lüneburg Christoph Podstawa zur aktuellen Klimapolitik am Beispiel des Hambacher Forsts

Der Kampf um den Hambacher Forst verdeutlicht, 1.) wie sehr das aktuelle Wirtschaftssystem sowohl Mensch als auch Natur bedroht, 2.) wie sehr Regierungen im Auftrag von Konzernen handeln, 3) wie sehr Profite privatisiert und Kosten der Gesellschaft aufgedrückt werden, 4.) wie sehr wir einen Bruch mit der herrschenden Export-, Profit- und Wachstumslogik brauchen und 5) wie sehr es eine starke Bewegung braucht, um das Notwendige gegen Konzerne und Regierungen durchzusetzen. Ein Kommentar des linken Aktivisten und Kommunalpolitikers aus Lüneburg Christoph Podstawa.

Der Dürresommer verursachte sowohl für die Landwirtschaft, für die Natur als auch für unsere Gesellschaft hohe Schäden und Kosten. Vor allem verdeutlichte er erschreckend lebensnah wie ernst die Lage ist. Vor diesem Hintergrund weiter Kohle abzubauen ist purer Wahnsinn. Nicht nur ökonomisch; es ist schlicht selbstzerstörerisch. Wir können uns dieses Wirtschaften nicht mehr leisten. Wieso zahlen eigentlich nicht die Klimaverursacher die Kosten für ihre Wirtschaft? Mal davon abgesehen, dass viele Schäden sich nicht in Geld aufwiegen lassen. Würden wir sie zu Verantwortung ziehen, hätten wir das Wirtschaftssystem innerhalb von Tagen überwunden. Es kann sich niemand leisten, denn Kosten werden in andere Regionen der Welt und in die Zukunft verlagert.

Auf Konzerne zeigen reicht aber nicht aus, denn die Politik Deutschlands ist besonders problematisch. Deutschland bezieht seinen Strom zu über 60% aus fossilen Quellen, gleichzeitig exportiert es ca. neun Prozent seines Stroms. Viele Nachbarländer werden mit subventionierten Kohlestrom überschwemmt, was auch deren Ausbau an erneuerbaren Energieträger bremst, das wiederum kostet tausende gute und zukunftsträchtige Jobs. Deutschlands Politik ist hier ein Problemfall, dabei wurde die Verstrickung zwischen Politik und (Energie)Konzernen noch gar nicht thematisiert. Aus meiner Sicht sollte der Kohleausstieg sofort beginnen, alles andere ist zu teuer, zu schädlich, zu selbstzerstörerisch und sowohl sozial als auch ökonomisch nicht tragbar. Ein sozialer Ausstieg ist nicht nur möglich, sondern auch bitter notwendig! Lieber gestern, als heute anfangen!

Nahezu alle Parteien versuchen mit dem Verweis auf technologische Fortschritte vom Kern der Problematik abzulenken. Der Versuch unsere Gesellschaft vom fossilen hinzu zum „grünen“ Kapitalismus zu manövrieren, verschafft uns höchstens eine verlängerte Galgenfrist. Technischer Fortschritt bringt zwar Einspareffekte, diese aber werden vom Wirtschaftswachstum in ihrer Wirkung verdreht. Der Ressourcenhunger steigt, weil mehr produziert wird. Wirtschaftswachstum verschärft die ökologische Zerstörung und führt eben nicht zu gesellschaftlichen Wohlstand. Wir müssen aus dieser Logik ausbrechen. Ja zu technischer Innovation, nein zu blindem Wirtschaftswachstum.

Ein sozial-ökologischer Umbau stellt die Ökonomie vom Kopf auf die Beine: Statt der bisherigen Export-, Wachstums- und Profitlogik, würden Unternehmen aus dem Energie-, Gesundheits-, Landwirtschafts- und Mobilitätssektor einen Versorgungsauftrag erhalten. Technischer Fortschritt würde hier eine bedeutende Rolle einnehmen. Ziel ist eine soziale und ökologisch gestaltete Daseinsvorsorge. Beispiel: Statt plump beim Auto die Motoren auszutauschen, braucht es einen flächendeckenden und ticketfreien Nahverkehr, der mit modernsten Bussen und Zügen angeboten wird. VW usw. würde das nicht schmecken, sehr wohl aber der Mehrheit der Menschen, unserer Natur und unseren Kindern und Enkelkindern. Die werden nämlich unseren Mist ausbaden müssen.

Ökologie darf auch nicht auf eine Frage des Lebensstils reduziert werden, wie es die Grünen im Endeffekt befürworten. Sie wollen den Bruch mit dem Kapitalismus vermeiden. Ein ökologischer Lebensstil muss eine Selbstverständlichkeit werden, dafür aber braucht es eine sozial und ökologisch organisierte Daseinsvorsorge. Das bedeutet auch eine radikale Umverteilung von oben nach unten und in die öffentliche Hand. Wir brauchen kostenfreien Nahverkehr, vor Ort produzierte günstige Lebensmittel und Energie, sozial-ökologischen Wohnungsbau und vieles mehr um den Klimawandel auszubremsen. Sozial-ökologischer Umbau bedeutet Wohlstand für uns alle. Und für alle, die nach uns kommen. Und das sind hoffentlich noch sehr viele!