Sind die Klimaziele für Niedersachsen in Gefahr?
B.U.N.D. und Deutsche Umwelthilfe haben am Donnerstag vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg feststellen lassen, dass die Bundesregierung gegen das 2019 von CDU und SPD beschlossene Bundes-Klimaschutzgesetz verstoßen.
Aufgrund der verfehlten Emissionssenkungsziele in den Sektoren Verkehr und Gebäude hätten die zuständigen Ministerien unter Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) innerhalb von drei Monaten Sofortmaßnahmen vorlegen müssen. Dies erfolgte jedoch nicht.
Erschwerend kommt in dieser Situation hinzu, dass das Bundesverfassungsgericht vor wenigen Tagen die kreative Schuldenaufnahme der Bundesregierung zur Umgehung der von CDU und SPD sowie den Bundesländern 2009 etablierten Schuldenbremse als Verstoß gegen die Verfassung bewertet hat. Für Niedersachsen bedeutet die Schuldenbremse, dass keine neuen Schulden für den Landeshaushalt aufgenommen werden dürfen.
In der Linken Niedersachsen ist man in großer Sorge, wie das norddeutsche Flächenland seine ambitionierten Klimaziele erreichen will, wenn die bisher eingeplanten Bundesmittel und Maßnahmen auf der Kippe stehen. Gemäß des eigenen Klimagesetzes soll das Ziel der Klimaneutralität immerhin bereits 2040 erreicht werden. Bis 2030 soll der CO2-Ausstoß um 75 % im Vergleich zum Jahr 1990 gesenkt werden.
Für das klimafreundliche 49-Euro-Ticket zur Nutzung des ÖPNV fehlt weiterhin eine Übereinkunft zwischen Bundeländern und Bundesregierung zur Übernahme eventueller Mehrkosten ab 2024.
Die Finanzierung der zahlreichen Infrastrukturmaßnahmen im Schienenverkehr ist nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ungeklärt.
Die Bundesförderung für effiziente Gebäude, aber auch das Hochfahren der Wasserstoffwirtschaft muss finanziell auf neue Füße gestellt werden.
Die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze unter anderem in den niedersächsischen Kommunen wird aktuell finanziell geprüft.
Das Stahl-Projekt Salcos für grünen Stahl in Salzgitter ist immerhin vorerst nicht gefährdet, weil bereits eine konkrete Zusage für eine Anschub-Förderung in Höhe von einer Milliarde Euro vorliegt, berichtet NDR.
Bei zahlreichen kostenträchtigen Maßnahmen, z. B. der Förderung für effiziente Gebäude, der Finanzierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, der Entlastung von Unternehmen beim EU- Emissionshandel oder der Förderung der Elektromobilität muss die finanzielle Standfestigkeit ernsthaft geprüft werden. Hier hat Die Linke darauf hingewiesen, dass auch die Bedürftigkeit eine Rolle spielen muss und vor allem einkommensschwache Haushalte zu unterstützen sind.
Weiterhin beurteilt Die Linke in Niedersachsen das umweltpolitische Engagement der Landesregierung mit Blick auf die eigenen Emissionsziele im Konkreten kritisch:
Die geplante Bohrung nach fossilem Erdgas vor Borkum wird von der Landesregierung weiter unterstützt. Die UNESCO hat bereits gewarnt, dass der Welterbe-Status des Wattenmeers damit in Gefahr gerät.
Bis in die 2040er Jahre können Moore in Niedersachsen noch abgebaut werden. Dringend erforderlich wäre für Die Linke eine zeitnahe Wiedervernässung von Moorkörpern. Immerhin stammen bis zu 20 % der niedersächsischen Treibhausemissionen laut dem Landwirtschaftsministerium aus Moorböden.
Niedersachsen strebt weiterhin ein ambitioniertes Straßenbauprogramm an, das unter anderen auch wesentlich durch Bundesmittel finanziert werden soll. Im Kontrast dazu steht die geringe finanzielle Unterstützung beim ÖPNV – hier stand das Bundesland 2022 bei der Pro-Kopf-Finanzierung sogar auf dem letzten Platz.
Aufgrund der begrenzten finanziellen Mittel des Bundes erwartet Die Linke in Niedersachsen nun zukünftig deutlich schwierigere Verhandlungen bei der finanziellen Ausgestaltung föderaler Aufgabenstellungen und bei Bundesprojekten, die in der Landesentwicklung einen wichtigen Posten ausmachen.
Positiv hervorzuheben ist aus umweltpolitischer Sicht, dass neben Klimaschutzprojekten auch für zahlreiche Aus- und Neubaumaßnahmen des Bundesfernstraßenplans in Niedersachsen demnächst vielleicht auch kein Geld mehr vorhanden sein wird und umweltfreundliche Alternativen endlich ernsthaft geprüft werden könnten.