NO NPOG

Bei der Anhörung zum „NPOG – Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetz“ lassen Rechtsexpert*innen und Datenschützer*innen kein gutes Haar am Gesetz. Wer die Gesetzesverschärfungen der letzten Monate und das NPOG analysiert, denkt zwangsläufig daran, dass beim IS die Sektkorken knallen müssen. Sie werden nämlich mit dem Kampf gegen Terror begründet, setzen aber gerade deren Programmatik um: Angriff auf Demokratie und Freiheit! Ein Kommentar des Kreistagsabgeordneten und langjährigen linken Aktivisten Christoph Podstawa.


Endlich! Es bewegt sich was! In Bayern, Bremen und NRW gehen die Menschen auf die Straße und streiten für Demokratie und Grundrechte. Endlich, denn Gesetzesverschärfungen, die mit Rechtsstaatsprinzipien brechen, finden schon seit einigen Jahren statt. Ein Meilenstein war die Erweiterung des Widerstandsparagrafen im Mai 2017. Sie kriminalisiert zivilen Ungehorsam. Alle irgendwie gearteten Einwirkungen auf den Körper eine*r Polizist*in– egal ob harmlos und unabsichtlich – werde zum „tätlichen Angriff“. Darauf warten harte Strafen.


Die Grün-schwarze Regierung in Baden-Württemberg verabschiedete November 2017 das bisher härteste Polizeigesetz inklusive Vorbeugegewahrsam, „intelligenter“ Videoüberwachung und großen Lauschangriffen. Die schwarz-grüne hessische Landesregierung stärkt trotz der Erfahrungen mit dem NSU seinen Verfassungsschutz und stellt V-Leute faktisch unter Straflosigkeit. In Bayern ist seit Mai das PAG in Kraft, was durch die Möglichkeit des unendlichen Vorbeugegewahrsams berühmt wurde. Und siehe da: Ein politischer Aktivist wurde vor dem Landesparteitag der AfD in Vorbeugegewahrsam genommen. Die Verschärfungen richten sich gegen politisch Aktive. So wie das NPOG auch.


Was alle Gesetze eint, ist die Einführung einer „drohenden“ (Bayern) bzw. „dringenden“ (Niedersachsen) Gefahr und die Einführung der „terroristischen Straftat“. Wenn also eine „dringende“ Gefahr besteht oder eine Person eine „terroristische Straftat“ begehen möchte, darf die Polizei die Grundrechte aushebeln. Dabei sind beide Definitionen extremst Nichts aussagend. Aber genau das ist der Trick:


Dringende Gefahr ist „eine im Hinblick auf das Ausmaß des zu erwartenden Schadens und die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts erhöhte Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für Sachen von bedeutenden Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt.“  Geht es noch unkonkreter? Klar: „Körperverletzung“ (!) oder auch einen „Gefährlichen Eingriff in den Bahn-, Schiffs und Luftverkehr“ werden nun zu „terroristischen Straftaten“, „wenn diese Straftat dazu bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung von Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Landes oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder die Auswirkung einen Staat, ein Land oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann“.


Schienen- und Sitzblockaden – ein gängiges Mittel der Antiatombewegung – können nun schnell „terroristische Straftaten“ werden. Wenn die Polizei vermutet, dass Personen solch eine Straftat planen, dürfen sie die Grundrechte aushebeln, die Personen überwachen, mit Fußfesseln ausstatten und bis zu 74 Tage in Vorbeugegewahrsam nehmen. Das NPOG wirkt wie ein Horrorkatalog, ist aber leider bittere Realität! Der Vorentwurf stammt aus der Feder der rot-grünen Vorgängerregierung und wurde am 1.3.2017 eingebracht. Die Grünen zeigen Verständnis für die Notwendigkeiten der Polizeiarbeit. Das ist keine Oppositionsarbeit, sondern einfach nur armselig. Die FDP mosert ein wenig rum und die AfD ist ohnehin eine „Ein-Thema-Partei“. Das NPOG muss auf der Straße verhindert werden. Am 18.8. ist dezentraler Aktionstag. Am 8.9. ist die zentrale Demo in Hannover. Demokratie und Grundrechte verteidigen wir am besten, wenn wir sie offensiv, selbstbewusst und kreativ nutzen! Wir sehen auf der Straße! Für UNSERE Demokratie, Grundrechte und Freiheit! 

 

Stellungsnahmen von Rechtsexpert*innen und Datenschützer*innen:

wiki.freiheitsfoo.de/pmwiki.php?n=Main.NPOG-Materialien#toc14

freiheitsfoo.de/2018/08/09/npog-stellungnahme-huettl

freiheitsfoo.de/2018/08/09/freiheitsfoo-vortrag-npog-muendlich

nonpog.de/kritik