Strukturellen Rassismus in der Polizei endlich thematisieren und bekämpfen!

LINKE. Niedersachsen fordert unabhängige Ermittlungsstelle

„Der durch einen Polizisten begangene Mord am US-Amerikaners George Floyd hat in den letzten Wochen eine riesige Welle von Solidaritätsbekundungen und Protesten gegen Polizeigewalt in aller Welt los getreten. DIE LINKE Niedersachsen solidarisiert sich ausdrücklich mit den Protesten der ‚Black Lives Matter – Initiativen‘ und unterstützt diese in ihrem Anliegen, Antirassismus zu stärken und Polizeigewalt zu thematisieren. Es ist uns ein Anliegen im Rahmen dieser Debatte auch über Polizeigewalt und Diskriminierung durch Behördenhandeln in Deutschland zu sprechen und endlich wirksame Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Mit ständigen Verweisen auf die Unvergleichbarkeit der Zustände mit den USA, versuchen derzeit insbesondere Unionspolitiker aber auch Teile der SPD jede Debatte über die auch hier herrschenden strukturellen Probleme in der Polizei zu verunmöglichen. Wenn der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius etwa die Existenz von strukturellem und institutionellem Rassismus völlig leugnet, dann zeugt dies von mangelndem Problembewusstsein. Er blendet die Perspektiven derjenigen Betroffenen, die immer wieder von Diskriminierungserfahrungen durch Polizei und Behörden berichten und Vorfälle wie den bis heute nicht aufgeklärten Tod, mutmaßlich Mord, des in einer Gewahrsamszelle der Dessauer Polizei verbrannten Oury Jalloh völlig aus. Wer der Polizei immer mehr Befugnisse verschafft, zuletzt im Rahmen der Einführung des niedersächsischen Polizei- und Ordnungsgesetzes (NPOG), das DIE LINKE nach wie vor ablehnt, der sollte auf der anderen Seite zumindest für mehr Transparenz in Fällen von Missbrauch des staatlichen Gewaltmonopols durch Polizeibeamt*innen sorgen!“, fordert Heidi Reichinnek, Landesvorsitzende der niedersächsischen LINKEN.

Eine im Jahr 2019 veröffentlichte Studie der Universität Bochum etwa ergab, dass es im Jahr ca. 12.000 mutmaßlich rechtswidrige Übergriffe durch Polizeibeamt*innen gibt, das sind deutlich mehr, als zur Anzeige gebracht werden. Die geringe Anzeigequote bei Betroffenen von Polizeigewalt resultiert auch aus den undurchsichtigen, intransparenten und fast immer erfolglosen Ermittlungen in diesen Delikten. Auswertungen des gemeinnützigen Recherchezentrums correctiv.org ergaben, dass im Jahr 2013 4500 Ermittlungen gegen Polizist*innen aufgenommen wurden, von denen nur 50 zu einem Gerichtsverfahren geführt haben.

„In jedem anderen Bereich der Kriminalität würde eine solch geringe Quote sofort zu Diskussionen in konservativen Kreisen führen, hier jedoch will man das Problem nicht erkennen. Dabei muss doch jedem klar sein, dass das Konzept Polizist*innen die gegen Polizist*innen ermitteln, zum Scheitern verurteilt ist. Es braucht dringend eine unparteiische Ermittlungsstelle, die Vorwürfen unabhängig nachgeht und ermittelt. Eine solche Stelle könnte Vertrauen schaffen zwischen Bürger*innen und der Polizei, Beamt*innen aus dem Zwiespalt, der sich aus Ermittlungen gegen die eigenen Kolleg*innen ergibt, befreien und zu besseren Aufklärungsquoten führen, die auch im Sinne der vielen unbescholtenen Polizist*innen sind. Wir fordern die sofortige Einführung einer solchen Stelle in Niedersachsen!“, betont Reichinnek.