Sprechen wir über Enteignung!

Thorben Peters

Ein Kommentar von Landesvorstandsmitglied Thorben Peters:

Seit ein Berliner Volksbegehren sich für eine Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne ausspricht, ist das Thema Enteignung wieder in aller Munde. Die SPD betonte, dass eine Enteignung nichts bringe, die CDU spricht gar von Verfassungswidrigkeit. Die FDP bricht gleich in Panik aus und fordert den Schutz der Immobilienkonzerne vor dem Grundgesetz.  Dabei sind Enteignungen Notwehr und die Reaktion darauf nichts anderes als schlichte Heuchelei. Ein Kommentar von Thorben Peters, stellv. Landesvorsitzender DIE LINKE. Niedersachsen.

Weder CDU/CSU, SPD und FDP sind bekannt dafür zu den scharf Demonstrierenden zu gehören, wenn in der Lausitz ganze Dörfer enteignet werden, um sie anschließend von Kohlebaggern platt machen zu lassen. Im Gegenteil, Enteignung ist für neoliberale Parteien in der Bundesrepublik der 90er und Folgejahre nichts Neues. Den ersten großen Enteignungsraubzug mussten die neuen Bundesländer erleiden. Dort verscherbelte die Treuhand unter Bundeskanzler Kohl zigtausende Betriebe, Immobilien und Firmen. Die ostdeutsche Bevölkerung blieb millionenfach sozial degradiert, arbeitslos und ohne Perspektive zurück. Das einstige Volkseigentum ist zu 85 Prozent an Westdeutsche, zu 10 Prozent an internationale Investor*innen und nur zu knapp 5 Prozent an Ostdeutsche übertragen worden. Die zweite große Massenenteignung traf Anfang der 2000er Jahre die gesamte Bundesrepublik, die von SPD & Grünen betriebene Agenda 2010. Hier wurden Millionen von Menschen aufgrund von Arbeitslosigkeit um ihr Erspartes inklusive Eigenheim gebracht, selbst wenn sie es sich jahrzehntelang erarbeitet hatten. Es gibt zahlreiche weitere Beispiele für solche Enteignungen, durch z.B. die schleichende (Teil-)Privatisierung der Deutschen Bahn, der Post oder diverser Stadtwerke.  Hier wurde Eigentum aus öffentlicher und damit aus der Hand der Bevölkerung dem Kapital überlassen. Die Leistungen wurden unterm Strich teurer, qualitativ schlechter und die Gehälter gingen runter. Rauf gingen hingegen die Renditen der Aktionär*innen. Wo bleibt da der Widerstand der neoliberalen Parteien? Vermutlich erstickt in den Parteispenden.

Das Berliner Volksbegehren „Deutsche Wohnen enteignen!“ zeigt, wie es richtig geht. Hier wehren sich massenhaft Menschen gegen explodierende Mieten, die aufgrund großer Immobilienkonzerne zwecks fetter Gewinne und ohne Rücksicht auf Verluste nach oben getrieben wurden.Es stimmt zwar, dass Enteignung noch keine neue Wohnung bringt. Es entzieht aber den großen Immobilienkonzernen die Möglichkeit, weiter auf Kosten anderer zu wirtschaften. Eine Logik die man ganz klar auf z.B. klimabedrohlichen Energiekonzerne, spekulierende Banken oder den kommerzialisierten Gesundheitsbereich anwenden kann. Im Grundgesetz Artikel 14 heißt es hierzu: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle Allgemeinheit dienen.“  Das bedeutet im Umkehrschluss, wer sein Eigentumsrecht missbraucht, hat sein Eigentumsrecht verwirkt.