„Wir müssen die Dinge materialistisch sehen, sozusagen.“ - Ein Nachruf auf Hans-Georg Hartwig

Landesvorstand

Am Morgen des 18. Februar erfuhren wir vom überraschenden Tod unseres Genossen Hans-Georg Hartwig. Der Kommunist, Arbeiter, Gewerkschafter, Friedensaktivist, Antifaschist und Mitglied im Landesvorstand DIE LINKE Niedersachsen wurde 68 Jahre alt. In seinen rund 50 Jahren politischen Engagements blieb er stets aufrichtig, setzte sich mit unermüdlicher Überzeugung für eine bessere Welt ein und blieb humorvoller Optimist. Wir trauern gemeinsam mit seiner Familie um einen aufmüpfigen, ehrlichen und herzensguten Menschen.

Hans Georg wurde am 19. September 1953 in Braunschweig als Sohn einer alleinerziehenden Mutter geboren. Er war seit seinem 16. Lebensjahr links aktiv. Zuerst in der Lehrlingsbewegung und von Berufsbeginn an in der IG Metall. Er absolvierte eine Ausbildung zum Elektromechaniker und war bei Siemens in Braunschweig beschäftigt. Politisch motiviert wurde ihm zur Zeit der Berufsverbote gekündigt. Er war dann Software-Entwickler bei einem Zuliefererbetrieb für Maschinenbau in Hannover. Dort war er wieder gewerkschaftlich aktiv, als Betriebsrat, später als Betriebsratsvorsitzender. Auch in der IG Metall hatte er als Kommunist Probleme, in den 70er Jahren wurden die Jugendstrukturen, in denen er sich engagiert hatte, aufgelöst. Hans-Georg gründete die Braunschweiger Ortsgruppe des KBW mit, später BWK. Kommunalpolitisch saß er für die Linke Liste in den 90ern im Stadtrat Braunschweig. Er wurde Mitglied der PDS, war Landesvorsitzender in Niedersachsen. Schließlich gründete er DIE LINKE mit, war seitdem Mitglied des Landesvorstands und amtierte viele Jahre als Landesschatzmeister.

Schon früh entwickelte Hans-Georg einen festen Klassenstandpunkt, da ihm klar war, dass die Befreiung der Arbeiterklasse, das Werk der Arbeiter selbst sein muss (Karl Marx). Mit seinem gewerkschaftlichen Kampf für gute Löhne, würdigen Arbeitsbedingungen, mehr Mitbestimmung und gegen Harz IV, stand er fest auf der Seite der Arbeitenden. Auch wirkte er in LINKEN Zusammenschlüssen wie der AG Betrieb & Gewerkschaft sowie dem Geraer Dialog. Ihm war klar, dass die Ausbeutung von Menschen und Natur von der kapitalistischen Wirtschaftsweise ausging und er scheute nicht die Gegnerschaft zu mächtigen Konzernen. Mit dieser Haltung stritt er auch für eine klassenkämpferische Gewerkschaft und Partei.

Unversöhnlich war er auch in seiner Ächtung von Krieg, Faschismus und dessen Profiteuren. Seine Worte bleiben auch heute aktuell: „Unsere Forderung nach einer Entspannungspolitik in Europa, statt militärischen Drohungen, ist jetzt dringend. Wir sind fest überzeugt, die Menschen in der EU, wie in Russland wollen keinen Krieg! Hier müssen wir deutlich Stopp sagen, gegen eine Machtpolitik, die Krieg und Kriegsdrohung als Mittel der Politik begreift, letztlich angetrieben durch Kapitalinteressen auf Profit unter Missachtung der Interessen von uns Menschen überall auf der Welt. Auch deshalb sagen wir: Es ist Zeit zum Austritt der Bundesrepublik aus der militärischen Zusammenarbeit der NATO!“ – Hans-Georg Hartwig, Ostermarschrede vom 15. April 2017.

Seine Entschlossenheit, Überzeugung und seinen Optimismus zog er aus einem Geschichtsbewusstsein über politische Kämpfe. Waren die Rückschläge auch noch so groß, er hörte nicht auf, Genossinnen und Genossen zu ermuntern, mutig zu bleiben. Verbitterung und Humorlosigkeit waren ihm fremd. Sein munterer Kampfgeist inspirierte Generationen und für seine Überzeugung stritt er mit großer Entschlossenheit. Dies tat er ohne persönliche Verletzungen und mit viel Empathie für die Position der anderen. Auch wenn er die Meinung seines „geschätzten“ Gegenübers lauthals mit „Quatsch!“ quittierte, endete sein Redebeitrag meist mit einem wohlmeinenden Lächeln. Es ging ihm um Klarheit in der politischen Auseinandersetzung und um das gemeinsame Handeln.

Hans-Georg war ein Menschenfreund, bei dem Solidarität großgeschrieben wurde. Er schenkte jedem Rat oder Hilfe Suchenden ein Ohr. Machtpolitik oder Karrierismus waren ihm dagegen verhasst. Statt sich selbst in den Vordergrund zu stellen, übernahm er mit großer Disziplin die Arbeit, bei der er hilfreich sein konnte. Um den Menschen und seine Sache ging es ihm und für diese stritt er unermüdlich. Dafür suchte er breite gesellschaftliche Bündnisse – kompromissbereit und prinzipientreu. Im Betrieb, auf der Straße, in der Gewerkschaft, in der Partei und in der Bündnisarbeit waren seine Überzeugungen Maßstab seines Handelns.

So zurückhaltend er gegenüber seiner Person war, so laut wurde er, wenn es um den Kampf für eine bessere Welt ging. Mit seinem Nonkonformismus stand er in der Tradition von 1968 und forderte damit bis in die jüngste Zeit sogar jüngere Generationen heraus. Hans-Georg gab uns Mut, Hoffnung und Weitsicht für die politischen Herausforderungen. Mit ihm verlieren wir eine erfahrene Stimme, einen geschätzten Menschen und guten Freund. Seine Überzeugung, Aufrichtigkeit und sein Humor werden uns unendlich fehlen. In unserem Gedächtnis verbleibt ein wunderbarer Schatz an Erinnerungen. Sein Wirken lebt in uns fort. Wie auch sein unermüdlicher Kampf für eine bessere Welt für immer in unserer Partei fortleben wird.

Sein letztes Foto für die Bewerbung als stellv. Landesschatzmeister DIE LINKE Niedersachsen hat er untertitelt mit dem Motto einer Demo „Krach schlagen, statt Kohldampf schieben“. Müsste man Hans-Georg Hartwig in einem Satz beschreiben, es wäre nicht die schlechteste Beschreibung gewesen.

Wir gedenken unserem Genossen Hans-Georg Hartwig.